Herr Hufmann, die EFA ist seit beinahe 20 Jahren in der Region Aachen mit einem Büro vertreten. Wie hat sich die Region aus Ihrer Sicht in dieser Zeit wirtschaftlich verändert?
Die Zukunft von Unternehmen in NRW wird häufig digital und visionär gesehen. Die Region Aachen ist durch ihre starke Prägung über die ansässigen Hochschulen bereits seit vielen Jahren Vorreiter im Bereich neuer Technologien. Insbesondere die innovativen Firmenausgründungen aus der RWTH Aachen sind starke Merkmale der Region. Als Veränderung in den letzten 20 Jahren ist jedoch deutlich zu spüren, dass Themen wie der sparsame Umgang mit Ressourcen und Klimaschonung an Bedeutung gewonnen haben. Der Aufwand, Unternehmer zu Veränderungen zu motivieren, ist somit geringer als noch vor 20 Jahren. Jedoch ist die Frage nach dem „Wie“ deutlich komplexer geworden.
Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft auch in der Region Aachen getroffen. Wie haben die Unternehmen auf die Krise reagiert?
Die Unternehmen in der Region sind unterschiedlich stark durch die Corona-Pandemie betroffen. Als positives Beispiel möchte ich einen Hersteller von Fugenmörtel nennen, der die Kundennachfrage über die Baumärkte kaum decken konnte. Natürlich ist die Nachfrage in vielen anderen Branchen gesunken, aber die Unternehmer in Aachen haben die Zeit kreativ genutzt und im Dialog mit der Effizienz-Agentur NRW Verbesserungspotenziale gesucht. Dabei stand oft die Frage im Mittelpunkt, ob Veränderungen in bestehenden Produktionsprozessen oder sogar am Produkt selbst möglich sind.
Welchen Stellenwert hat das Thema Ressourceneffizienz in den Betrieben angesichts der aktuellen Herausforderungen?
Das Thema Ressourceneffizienz genießt bei vielen Unternehmen zurzeit eine hohe Priorität. Viele Betriebe sehen die aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie als mittelfristiges Hindernis. Die große Herausforderung ist und bleibt der Wettlauf im globalen Markt. Aber auch dieser wird in der Region als Chance gesehen, da z. B. viele innovative Produkte aus dem Bereich der E-Mobilität hier entwickelt werden.
Mit welchen Fragen kommen die Unternehmen zurzeit auf Sie zu?
Die Corona-Hilfen haben die Scheu bei Unternehmen, Anträge in Förderprogrammen zu stellen, deutlich abgebaut. Viele kleine Betriebe trauen sich nun bei Umbaumaßnahmen in der Produktion, Fördermittel zu beantragen. Hier bietet die EFA z. B. mit ihrer Finanzierungsberatung konkrete Unterstützung bei Fragen an.
Mit welchen Angeboten unterstützt das EFA-Regionalbüro Aachen Industrie und Handwerk konkret?
Das Regionalbüro Aachen unterstützt als unabhängiger Partner mit der Ressourceneffizienz-Beratung der EFA produzierende Unternehmen bei der Identifizierung von Ressourceneffizienz-Potenzialen und der Entwicklung konkreter Maßnahmen. Will ein Betrieb z.B. mit einer veralteten Produktionsanlage mittelfristig konkurrenzfähig bleiben, muss er auf kurz oder lang seine Technik anpassen. Hier bestehen häufig große Potenziale, Ressourcenverbräuche zu senken und Geld zu sparen. Warum also noch warten?
Wie wichtig ist die regionale Nähe für den Erfolg Ihrer Arbeit?
Im Zeitalter von Videokonferenzen scheint die regionale Nähe im ersten Moment weniger wichtig zu sein. Doch das täuscht. Viele Unternehmer wünschen sich einen zuverlässigen Ansprechpartner zum Thema Ressourceneffizienz in der Region, der die vorhandenen Besonderheiten und Strukturen kennt.
Stichwort: Netzwerken. Welche Rolle spielt die Kooperation vor Ort mit den regionalen Partnern wie Kammern, Verbänden und Wirtschaftsförderungen für den Erfolg Ihrer Arbeit?
Die Kooperation mit regionalen Partnern ist ganz häufig für unsere Arbeit ein Türöffner. Durch unsere Kompetenz in Veränderungsprozessen bieten wir Partnern und Unternehmen durch unsere Arbeit einen wichtigen Mehrwert.
Aachen gehört seit über 30 Jahren zur Euregio. Welchen Beitrag leistet die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden zu Themen wie Ressourceneffizienz oder Circular Economy? Und wie bringt sich die Effizienz-Agentur NRW in diesen Prozess ein?
Lüttich und Maastricht sind geografisch näher als Köln. Trotzdem schaut die Region und speziell die kleinen Unternehmen gerne erst mal in den Osten nach Köln/ Düsseldorf, wo alles etwas vertrauter ist. Die Effizienz-Agentur NRW beteiligt sich aktiv an grenzüberschreitenden Projekten wie z. B. Wanderful.Stream. Das Projekt lokalisiert Restströme von kleinen und mittleren Unternehmen in der Euregio und will diese mit Hilfe von Designern, Technologen und Unternehmensentwicklern nutzbar machen. Als Interreg-Projekt der Euroregion Maas-Rhein überführt es kleine und mittlere Unternehmen in Richtung Kreislaufwirtschaft.
Welche weiteren Projekte und Themenschwerpunkte verfolgt das EFA-Regionalbüro Aachen zurzeit?
Neben Wanderful.Stream sind dieses Jahr noch zwei weitere Projekte zur Stärkung der Cicular Economy in der Region in Zusammenarbeit mit der EFA geplant. Das zirkuläre Wirtschaften steht 2021 also ganz klar im Fokus unserer Arbeit.
Sie sind seit beinahe 20 Jahren in der Region als Ressourceneffizienz-Berater tätig. Gibt es regionale Eigenheiten, die sie in den Jahren kennen und schätzen gelernt haben?
Die ansässigen Unternehmer fühlen sich der Kultur ihrer Region stark verbunden. Ohne das Wissen über regionale Gepflogenheiten würde sich das tägliche Beratungsgeschäft schwierig gestalten. Eine wichtige Tipp: Termine in der Karnevalszeit sind tabu.
Herr Hufmann, vielen Dank für das Gespräch.