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Treibhausgasbilanzierung mit ecocockpit – Interview mit Andreas Bauer-Niermann, Projektleiter ecocockpit


Das Thema CO2-Reduzierung gewinnt angesichts der Klimaschutzdebatte immer stärker an Relevanz in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Bundesregierung plant jetzt weitere Maßnahmen zur Treibhausgas-Einsparung. Das Ziel: Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Mit „ecocockpit“ bietet die Effizienz-Agentur NRW seit 2015 ein Bilanzierungstool an, mit dem Unternehmen einfach, webbasiert und kostenfrei die nötigen Daten zu produkt-, prozess- und standortbezogenen Treibhausgas-Emissionen ermitteln können. Wir sprachen mit Projektleiter Andreas Bauer-Niermann über das große Interesse der NRW-Unternehmen an ecocockpit, mit welchen Fragen Betriebe auf die EFA zukommen und welchen Beitrag die Bilanzierung zur strategischen Unternehmensentwicklung leisten kann.

Andreas Bauer-Niermann, Projektleiter ecocockpit. Foto: EFA

Herr Bauer-Niermann, mit Stand heute gab es dieses Jahr bereits 17 Online-Veranstaltungen zu ecocockpit mit insgesamt 503 Teilnehmern. Worauf führen Sie dieses große Interesse an ecocockpit zurück?

Salopp gesagt, gibt es dafür zwei Gründe: Viele Unternehmen wollen, andere müssen sich mit dem Thema beschäftigen. Erstere haben erkannt, dass Klimaschutz und Ressourceneffizienz Themen sind, mit denen sich auch der unternehmerische Erfolg festigen und ausbauen lässt. Die eigene Treibhausgasbilanz ist eine wichtige Voraussetzung hierfür. Letztere müssen sich aufgrund ihrer Lieferkette mit dem Thema beschäftigen und freuen sich über unser Angebot. Insgesamt sind immer mehr Betriebe verpflichtet, eine Treibhausgasbilanz vorzuweisen.

Welche Fragen treiben die Unternehmen zurzeit um, wenn Sie sich an die Effizienz-Agentur NRW wegen einer Treibhausgas-Bilanzierung wenden?

Es sind häufig immer noch allgemeine Fragen im Sinne von: „Wo fange ich an und welche Werte benötige ich überhaupt?“ Immer häufiger werden aber auch Fragen hinsichtlich der Themen Verringerung und Vermeidung von Emissionen gestellt. Gerade diese Punkte sind spannend, denn hier können wir als Effizienz-Agentur NRW viel Wissen vermitteln.

Über 2.800 Betriebe nutzen ecocockpit regelmäßig. Was zeichnet das Tool aus?

Das ecocockpit ermöglicht es Unternehmen, kostenfrei in wenigen Schritten eine erste Treibhausgasbilanz zu erstellen. Der Bilanzrahmen kann hierbei flexibel gewählt werden und gestattet sowohl die Bilanzierung von Unternehmensstandorten als auch von Produkten oder Prozessen.

Wie wichtig ist die Flexibilität des Bilanzrahmens bei ecocockpit?

Eine starre Konzentration auf eine Lebenszyklusanalyse wäre für viele Unternehmen zu viel. Wird eine solche Analyse verlangt, muss diese natürlich auch geliefert werden. Viel spannender für Unternehmen und vor allem ausreichend ist in den meisten Fällen eine verkürzte Betrachtung, welche am Werktor endet. Hier fallen die Emissionen an, die ein Unternehmen aktiv beeinflussen kann. Die Flexibilität ermöglicht es also, das Ergebnis zu liefern, welches gerade benötigt wird.

Herr Bauer-Niermann, ecocockpit funktioniert prinzipiell wie ein Taschenrechner. Die Qualität der Ergebnisse hängt von den Eingaben ab. Aus Ihrer Erfahrung: Wie gut sind die Datengrundlagen in Unternehmen?

Tatsächlich ist hier nach wie vor alles möglich. Es gibt Betriebe, welche rudimentär die eigenen Energieverbräuche direkt benennen können und wissen, wieviel Material insgesamt durch ihre Prozesse fließt. Dann gibt es auch Unternehmen, die Energie- und Materialverbrauch einzelner Produkte an einzelnen Anlagen ganz genau kennen. Insgesamt wird die Datenlage in den Unternehmen jedoch immer besser.

Wie nutzen Firmen, die ihre Treibhausgas-Bilanz mit ecocockpit erstellt haben, die gewonnene Datentransparenz strategisch?

Ganz unterschiedlich. Einige Unternehmen geben die ermittelten Werte einfach weiter, weil sie dies laut Auftrag müssen, was auch nachvollziehbar ist, und nutzen die Daten ansonsten nicht weiter. Ein großer Teil der Firmen beginnt sich jedoch – auch mit unserer Unterstützung – zu fragen, wie die Werte einer Treibhausgasbilanz zur Verbesserung des eigenen Betriebs genutzt werden können. Es wird dann, aufbauend auf der Bilanz, überlegt, wie die Emissionen in den kommenden Jahren gesenkt werden können und wie Produktbilanzen beispielsweise für die Vermarktung und Verbesserung der eigenen Produkte – Stichwort ecodesign – genutzt werden können.

Welche weitere Unterstützung bietet die Effizienz-Agentur NRW Unternehmen, die ecocockpit genutzt haben?

Das ecocockpit liefert eine wichtige Grundlage, um Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz anzugehen. Eine gut gemachte Treibhausgasbilanz hilft Unternehmen, die eigenen Prozesse besser zu verstehen. Im Anschluss an eine Bilanzierung sollte die Frage stehen: Warum emittieren wir in diesem Bereich so viel und können wir das nicht besser? Weniger Emissionen bedeuten häufig auch weniger verbrauchte Ressourcen und somit eingespartes Geld.

Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen, die im Nachgang zu ecocockpit konkrete Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Emissionen angehen möchten, unterstützen wir mit der Ressourceneffizienz-Beratung. Dabei werden bestehende Material- und Energieeffizienzpotenziale im Betrieb identifiziert und konkrete Maßnahmenvorschläge entwickelt. Bis zu 70 Prozent der Beratungskosten werden vom Land NRW gefördert.

Die Effizienz-Agentur NRW startete mit ecocockpit in 2015. Wie hat sich die Wahrnehmung des Themas Treibhausgas-Bilanzierung in den vergangenen Jahren verändert?

Die größte Veränderung liegt darin, dass immer mehr Unternehmen den Mehrwert einer Treibhausgasbilanz erkennen und den eigenen Nutzen daraus ableiten können und möchten.

Das ecocockpit-Tool wird kontinuierlich weiterentwickelt. Planen Sie zurzeit weitere Updates? Wohin geht die Entwicklung?

Tatsächlich arbeiten wir gerade an einem Update, welches es dem ecocockpit noch mehr ermöglichen soll, die Ressourceneffizienz-Beratung zu unterstützen. Ausführliches werden wir zur gegebenen Zeit bekannt geben.

Herr Bauer-Niermann, vielen Dank für das Gespräch.