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Interview mit Jürgen Fiege, Geschäftsführer der Privatbrauerei Moritz Fiege


Die in sechster Generation inhabergeführte Privatbrauerei Moritz Fiege steht für Brautradition im Ruhrgebiet. Dass Tradition und Innovation dabei Hand in Hand gehen können, zeigt das Unternehmen mit seiner neuartigen Waschmaschine für Bügelverschlussflaschen. Die realisierte Anlage zeichnet sich durch kompakte Maße und hohe Ressourceneffizienz aus. Für das erstmals in der Industrie eingesetzte Verfahren erhielt die Bochumer Brauerei einen Zuschuss aus dem Umweltinnovationsprogramm des Bundesumweltministeriums. Unterstützt wurde sie dabei durch die Finanzierungsberatung der Effizienz-Agentur NRW. Wir sprachen mit dem Geschäftsführer Jürgen Fiege über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf seine Brauerei, die Verankerung von Nachhaltigkeitskriterien in der Firmenstrategie und die Vorteile der neuartigen Flaschenwaschmaschine.

Jürgen Fiege, Geschäftsführer der Bochumer Privatbrauerei MORITZ FIEGE: "Das Streben nach Ressourceneffizienz ist quasi in unseren Genen verankert". Foto: Privatbrauerei MORITZ FIEGE

Herr Fiege, die Corona-Pandemie hatte und hat unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaft in Deutschland. Wie schwer hat die Krise Ihre Branche und Ihre Brauerei getroffen?

Die Corona-Krise hat alle Brauereien und natürlich auch uns hart getroffen. Die Gastronomie muss 2020 Umsatz-Einbußen von bis zu 50% verkraften. Dies schlägt sich entsprechend auf unser Geschäft durch. Durch den Wegfall von Veranstaltungen und Catering haben wir in diesem Bereich einen Vollausfall zu verzeichnen. Ähnlich sieht es beim Fußball aus. Die Belieferung des Vonovia-Ruhrstadions ist vollständig ausgefallen. Die Absätze im Handel sind dagegen stabil.

Mit welchen Maßnahmen versucht die Privatbrauerei MORITZ FIEGE die aktuelle Situation zu bewältigen?

Wir haben im Februar für drei Wochen Kurzarbeit anmelden müssen. Darüber hinaus versuchen wir, mit Budget-Kürzungen und -Disziplin durch die Krise zu kommen. Wichtig war uns gerade zu Beginn der Pandemie, die Gastronomie-Betriebe durch Pachtstundungen zu entlasten. Über unseren Außendienst stehen wir den Gastronomen für fachliche Fragen zur Verfügung, und wir unterstützen allgemeinen Aktionen der Gastronomie und der DEHOGA wie z. B. „Mit Sicherheit gut ausgehen“.

Mit der neuartigen Flaschenwaschmaschine haben Sie eine Maßnahme umgesetzt, die einen klaren Beitrag zur Verbesserung der Ressourceneffizienz leistet. Welchen Stellenwert hat das Thema Ressourcenschonung für Ihre Unternehmensstrategie?

Einen sehr großen! Ein Unternehmen, welches seit über 140 Jahren erfolgreich am Markt ist, ist von jeher nachhaltig aufgestellt. Das Streben nach Ressourceneffizienz ist quasi in unseren Genen verankert und keine Frage der Mode oder des Zeitgeistes. Folglich ist sie auch ein wichtiger Grundsatz bei der Entwicklung unserer Unternehmensstrategie.

Welche Vorteile bietet die neue Anlage gegenüber herkömmlichen Flaschenwaschmaschinen am Markt?

Die Anlage verbraucht sehr viel weniger Wasser, Dampf und Strom als herkömmliche konventionelle Maschinen. Dies beruht einerseits darauf, dass sie eine deutlich höhere Ausbringung an richtig gereinigte Flaschen hat. Dies machen wir an den Werten für „Aufliegende Bügel“ und „Verklemmte Flaschen in der Korbzelle“ aus. Und anderseits an ihrer sehr kompakten Bauweise, die eine Vielzahl von Energie- und Medieneinsparungen erst ermöglicht sowie die Implementierung in eine bestehende Abfülllinie sehr stark vereinfacht.

Ist die Lösung übertragbar auf andere Brauereien?

Die Anlage ist sicherlich auf viele andere Brauereien ohne weiteres übertragbar. Vielen Brauereien würde bei konventionellen Maschinen schlichtweg der Platz in der bestehenden Anlage fehlen. 

Herr Fiege, inwieweit unterstützte Sie die Finanzierungsberatung der Effizienz-Agentur NRW bei der Realisierung des Projekts?

Die Effizienz-Agentur NRW hat uns großartig unterstützt. Nicht nur bei der Auswahl des Förderprogramms, sondern auch bei der Antragstellung und dem späteren Berichtswesen. Ohne diese Unterstützung hätten wir uns aufgrund der Komplexität des Vorganges nicht an ein solches Vorhaben gewagt.

Eine letzte Frage: Wie wird es aus Ihrer Sicht nach der Krise weitergehen? Glauben Sie, dass Themen wie Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit einen größeren Stellenwert in der Wirtschaft haben werden? Oder werden sie aufgrund der aktuellen Nöte eher ins Hintertreffen geraten?

Es wird immer weitergehen! Wenn Sie die letzten 140 Jahre betrachten, gab es sicherlich wesentlich schlimmere Situationen als diese. Es hat grundsätzlich mit der inneren Haltung und der Zuversicht zu tun, wie meine Familie und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer solchen Situation umgehen. Daher sind wir zuversichtlich, auch aus dieser Krise ohne großen Schaden herauszukommen. Sicherlich wird es Veränderungen geben müssen, die nicht für alle Beteiligten angenehm sein werden.

Häufig wird ökologischen Gedankengängen nachgesagt, dass sie nicht ökonomisch sind. Dies haben wir mit diesem Projekt widerlegt. Langfristig werden daher die Themen Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit deutlich mehr Stellenwert erhalten, weil viele Menschen jetzt erst die vielen unsichtbaren Nachteile der Globalisierung begreifen. Ich hoffe, dass sich unsere Gesellschaft wieder mehr auf das Wesentliche konzentrieren wird.

Herr Fiege, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte der Pressesprecher der EFA, Thomas Splett.