Herr Kunsleben, die Corona-Krise ist eine Ausnahmesituation für Gesellschaft und Wirtschaft. Welche Auswirkungen hat die aktuelle Lage auf die Ressourceneffizienz-Beratung der EFA?
Die Ressourceneffizienz-Beratung ist durch die unmittelbare Verknüpfung der Projekte mit laufenden, wertschöpfenden Prozessen in den Unternehmen besonders eng mit der jeweils aktuellen wirtschaftlichen Situation verbunden. Für laufende Beratungsprojekte bedeutet dies aktuell häufig einen Mehraufwand. Inhaltlich können bestimmte Fragestellungen vor dem Hintergrund geringer Auslastungen und unklarer Marktperspektiven in den Unternehmen nur schwer geklärt werden. Es kommt daher auch zu thematischen Schwerpunktänderungen in Projekten. Generell werden laufende Projekte von den Unternehmen derzeit weitergeführt. Hierbei sind Videokonferenzen zentrales Mittel für die Kommunikation, da klassische Vor-Ort-Besuche und Betriebsrundgänge nur sehr eingeschränkt stattfinden können. Im Rahmen der Förderabwicklung kommt es zu zeitlichen Verzögerungen und dadurch zur Notwendigkeit von Laufzeitverlängerungen.
Seit Beginn der Corona-Krise ist die Bereitschaft vieler Unternehmen, neue Projekte zu starten, deutlich gehemmt. Dennoch führt die EFA weiterhin Erstgespräche, diese in der Regel als Videokonferenz. Eine Prognose für die Entwicklung in den nächsten Monaten ist schwierig – generell ist von einer Kopplung der Beratungsaktivitäten an die konjunkturelle Entwicklung auszugehen.
Die Effizienz-Agentur NRW ist immer nah an den Unternehmen – ob von Duisburg oder ihren acht Regionalbüros aus. Mit welchen Fragen kommen die Betriebe zurzeit auf Sie und Ihre Kollegen aus der Beratung zu?
Neben Fragen zu konkreten Hilfsangeboten zur Liquiditätssicherung, die unsere Kollegen aus der Finanzierungsberatung gerne beantworten, werden verstärkt Zukunftsthemen an uns herangetragen. Die Frage nach dem „Wie kann es weiter gehen?“, also letztlich die Frage nach Nachhaltigkeit und Resilienz hängt natürlich stark mit unseren Kernthemen Ressourceneffizienz, ecodesign und der Schließung von Stoffkreisläufen (Circular Economy) zusammen. Hier sehen Unternehmer deutlich dringenderen Handlungsbedarf als bisher.
Wie unterstützt die Ressourceneffizienz-Beratung der EFA Unternehmen konkret in der Krise?
Gegen akute Nachfragerückgänge haben wir keine Patentrezepte – hier sind sicher die aktuellen Sofortmaßnahmen der Politik eine Hilfe. Zur Beantwortung von Zukunftsfragen, wie künftig flexibler, umweltfreundlicher und in stabilen Wertschöpfungsketten produziert werden kann, bieten wir aktuell Workshops auch per Videokonferenz an – im Bereich ecodesign und ecocockpit führen wir Webinare mit sehr gutem Erfolg durch. Wir beobachten hier bei unseren Geschäftspartnern und Stakeholdern ein hohes Maß an Aufgeschlossenheit und auch die Bereitschaft, neue Formate zu testen. Darüber hinaus bestehen die Möglichkeiten für vertiefte Beratungsprojekte auch zu strategischen Themen wie Ressourceneffizienz 4.0 (Verknüpfung von Digitalisierung und Ressourceneffizienz), ecodesign und Circular Economy unverändert fort. Selbstverständlich nehmen wir auch Vor-Ort-Termine, soweit dies im Rahmen der notwendigen Gesundheitsvorsorge möglich ist, gerne wahr. Erstgespräche sind wie immer für Unternehmen kostenfrei.
Kann diese Zeit des Stillstands für Betriebe der richtige Moment sein, um Maßnahmen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz anzugehen? Und wenn ja, warum?
Ja! Ein Beispiel: Wir beobachten im Augenblick eine teils dramatische Beschleunigung der Digitalisierung im Sinne wirklicher Transformationsprozesse, die Bestand haben werden. Hier bietet unser Ressourceneffizienz 4.0-Angebot die Möglichkeit, Transparenz herzustellen, neue Lösungen zu entwickeln und Flexibilität zu gewinnen. Durch ecodesign können neue Produkte, Leistungen und Geschäftsmodelle – natürlich unter Einbeziehung des digitalen Wandels – entwickelt werden, die Zukunftsfragen konkret beantworten.
Welchen Stellenwert wird aus Ihrer Sicht das Thema Ressourceneffizienz nach der Krise haben? Wird es für Unternehmen noch relevanter oder befürchten Sie, dass Ressourceneffizienz- und Nachhaltigkeitsfragen ins Hintertreffen geraten werden?
Meine persönliche Wahrnehmung der letzten Monate ist es, dass viele Unternehmen nach Möglichkeiten suchen, die Sicht nach vorne zu schärfen und die Trägheit von Geschäftsprozessen zu reduzieren.
Hier ist die Ressourceneffizienz – künftig auch verstanden als Baustein für die in Echtzeit verfügbare Information zu den Gestaltungsspielräumen bei Herstellung und Distribution von Gütern – eine notwendige Voraussetzung.
Das aktuell zunehmende Interesse an Zukunftskonzepten (wie oben berichtet) halte ich für einen Trend, der auch nach der Krise Bestand haben wird. Hier werden Unternehmer Ihre Lehren ziehen und handeln.
Herr Kunsleben, vielen Dank für das Gespräch.