Etwa 15.700 Euro, der Wert eines Kleinwagens, entgehen einer Bäckerei in einer Woche, weil Brot und Backwaren unverkauft in den Regalen liegen bleiben. 2,7 Tonnen, die dann in Tafeln, als Tierfutter, in Biogasanlagen oder im Müll enden. Das sind Zahlen aus einem zweijährigen Forschungsprojekt der Fachhochschule (FH) Münster, das zum Ziel hatte, die Verschwendung von Brot und Backwaren zu reduzieren. Sechs Bäckereien aus Nordrhein-Westfalen hatten sich an dem Projekt beteiligt, das nun bei einem Treffen mit Praxispartnern und Vertretern aus dem NRW-Ministerium für Verbraucherschutz abgeschlossen wurde.
"Wir waren die Ersten, die Zahlen erhoben haben und sich mit dem Thema wissenschaftlich befasst haben", sagt Prof. Dr. Guido Ritter. Der Oecotrophologe vom Institut für Nachhaltige Ernährung und Ernährungswirtschaft (iSuN) hat das Projekt geleitet. Mit betriebswirtschaftlichen Argumenten könne man Unternehmen erreichen, aber auch ethische Überlegungen seien wichtig. "Dass Lebensmittel bei uns verschwendet werden, ist angesichts der Not andernorts nicht hinnehmbar", so der Wissenschaftler.
Mit seinem Team hat er Prozesse in Bäckereien untersucht und mit den Praxispartnern Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Die Empfehlungen sollten sowohl in den Backstuben selbst als auch in den verkaufenden Filialen umgesetzt werden. "Allein schon das Messen der Verluste hat dazu geführt, dass sie weniger wurden", so Ritter.
Als wichtiger Hebel hat sich der Bestellprozess von Filiale zu Backstube herausstellt. Wie wird das Wetter morgen? Spielt Preußen Münster? Wann beginnen die Ferien in der angrenzenden Schule? Vorhersehbare Ereignisse, die darüber entscheiden, wie viel und welche Ware liegen bleibt. "Wichtig ist auch, die Mitarbeiterinnen in den Filialen stärker einzubeziehen und sie im Umgang mit dem Kunden zu schulen", so Ritter. Denn diese müssen dem Kunden erklären können, warum er sein Lieblingsbrot nicht immer bis Ladenschluss bekommen kann.
Auch an die Verbraucher richten sich die Empfehlungen aus dem Projekt. Denn auch sie tragen dazu bei, dass jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel in Deutschland verschwendet werden. In der Studie wurden mehr als 450 Verbraucher befragt.
Für die Praxispartner aus den Bäckereien waren viele der Vorschläge sehr nützlich, wie sie bei dem abschließenden Treffen bestätigten. So will etwa eine Bäckerei aus dem Münsterland ihre Bestellung für die Backstube weiter in den Nachmittag verschieben, um flexibler reagieren zu können. "Unsere Erwartungen an das Projekt sind übertroffen worden. Die Empfehlungen für uns sind sehr wertvoll", so Bäckermeister Georg Krimphove aus Münster.
"Gerade die bevorstehende Fastenzeit ist geeignet, über die Wertschätzung für Lebensmittel nachzudenken und sich der Ernährung bewusster zu widmen", sagt Ritter. Das sei im Grunde auch der leitende Gedanke dieser Studie gewesen.
Juliane Becker vom NRW-Ministerium für Verbraucherschutz kündigte an, dass sie das Thema Lebensmittelverschwendung noch weiter beschäftigen werde. Man wolle weitere Studien in dem Bereich anstoßen. Das Projekt "Reduktion der Lebensmittelabfälle bei Brot und Backwaren - Entwicklung eines Konzeptes für Handel, Handwerk und Verbraucher" wurde aus Mitteln des Ministeriums finanziert.
Weitere Informationen und Dokumente zur Studie sind unter www.fh-muenster.de/brot zu finden. In Kürze erscheint ein Leitfaden für Bäckereien.
Quelle: Fachhochschule Münster, iSuN - Institut für Nachhaltige Ernährung und Ernährungswirtschaft