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Der elektronische Produktpass – Chancen und Herausforderungen für produzierende Unternehmen


Verbraucherinnen und Verbraucher sollen sich in Zukunft mit Apps auf ihrem Smartphone schnell, bequem und kostenfrei über die Inhaltsstoffe, Produktionsbedingungen, Reparaturfähigkeit oder Ökokosten von Produkten informieren können. Möglich machen soll das ein elektronischer Produktpass, über dessen Einführung im Rahmen der EU-Initiative für Nachhaltige Produkte (Sustainable products initiative) zurzeit diskutiert wird.

Das Bundesumweltministerium versteht unter einem digitalen Produktpass einen Datensatz, der die Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen oder auch Informationen zu Reparierbarkeit, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung für ein Produkt zusammenfasst. Die Daten stammen aus allen Phasen des Produktlebenszyklus und können in all diesen Phasen für verschiedene Zwecke genutzt werden.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Standardisierte Daten könnten innerhalb der jeweiligen Wertschöpfungs- und Lieferketten die Entwicklung hin zu einer zirkulären Wirtschaftsweise vorantreiben.

Nicht zuletzt würde der elektronische Produktpass Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzen, schnell und kostenfrei nachhaltige Konsumentscheidungen im stationären wie auch im Online-Handel treffen zu können. „Gläserne Produkte“ könnten die Nachfrage nach und die Entwicklung von umweltschonenden Produkten rasant vorantreiben. 

Smarte App-Lösungen stehen in den Startlöchern

Auch wenn der elektronische Produktpass noch nicht beschlossen ist, wird europaweit bereits mit Hochdruck an smarten Lösungen gearbeitet.

Die kostenlose und werbefreie App Scan4Chem des Umweltbundesamtes gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern bereits heute die Möglichkeit, Anfragen an Produktanbieter zu besonders besorgniserregenden Stoffen zu stellen (sog. SVHC-Stoffe) und somit zu zeigen, dass Sie solche Produkte nicht kaufen möchten. Sie können mit der App Barcodes von Produkten scannen oder Produktnamen eingeben und SVHC-Anfragen an den entsprechenden Produktanbieter schicken. Die App ist an eine Datenbank angeschlossen, in die Produktanbieter ihre Informationen zu SVHCs in ihren Produkten eingeben können.

Auch in anderen europäischen Ländern wird an digitalen Angeboten gearbeitet. In Dänemark wurde die Plug-and-Play-Lösung TRUETWINS entwickelt. Durch die Aufzeichnung der Lebensgeschichte von Produkten hilft TRUETWINS den Verbrauchern, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Auf diese Weise können Marken auch Qualität, Haltbarkeit und Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus einzelner Produkte hinweg dokumentieren. 

Auswirkungen und Chancen für Unternehmen

Während sich die bisherige Ökodesignrichtlinie auf Consumer Goods wie Weiße Ware und Elektronik fokussiert, soll die Sustainable Products Initiative auf eine breite Gruppe weiterer Produkte ausgeweitet werden. Noch stehen noch zahlreiche Fragen zum Umgang mit sensiblen und wettbewerbsrelevanten Unternehmensdaten im Raum, die noch geklärt werden müssen. Unternehmen sollten sich jedoch frühzeitig vorbereiten.

Wir sprachen mit Dr. Christian Engel, Leiter des Fachbereichs "Klima, erneuerbare Energien, Umweltwirtschaft, nachhaltige Entwicklung und Verbraucherschutz" (Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union) darüber, welche aktuellen Entwicklungen es auf europäischer Ebene gibt und welche Chancen er für Unternehmen und Verbraucher durch die Einführung eines elektronischen Produktpasses sieht:

„Konkret hat die EU die Einführung eines elektronischen Produktpasses bereits in dem Vorschlag für eine neue Batterieverordnung im Dezember 2020 vorgelegt. Über einen solchen Pass sollen Informationen über Batterietypen und -serien bis hin zu individuellen Batterien abrufbar sein.

Somit könnten entsprechende Informationspflichten z.B. auch für Hersteller von Sensortechnik, Batterien und Akkumulatoren, Pumpen, Solar und Windtechnik, energieeffizienten Beleuchtungssystemen oder für Wasserstoff- und Elektrofahrzeuge und deren jeweilige Zulieferer eingeführt werden. Dies würde eine tiefgreifende Umstellung der Geschäftsmodelle bedeuten, auf die Unternehmen sich frühzeitig vorbereiten müssen. Einerseits stellt sich die Frage nach dem Umgang mit sensiblen und wettbewerbsrelevanten Daten, andererseits bieten sich große Chancen für die Kreislaufführung von Produkten, bei der nordrhein-westfälische Unternehmen zu Vorreitern werden könnten.“

Rund um das Thema ressourceneffiziente, kreislauffähige Produktgestaltung bietet die Effizienz-Agentur NRW kostenfreie Erstgespräche und vertiefende Beratungen an und unterstützt anschließend bei der Auswahl passender Förderprogramme.

Kontakt

Effizienz-Agentur NRW
Lisa Venhues
Tel. +49 203 37879-322
ven@remove-this.efanrw.de 

Scan4Chem ist ein Beispiel aus der Umweltpolitischen Digitalagenda des BMU. Mehr erfahren>